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Saarbrücker Zeitung, 03.07.2012

Ein Aufzug nach unten oder oben?

Das Dudweiler Statt-Theater zeigt das Stück „Hotel zu den zwei Welten“

Für das Stück „Hotel zu den zwei Welten“ hat das Statt-Theater eigens einen Aufzug angeschafft. Schließlich handelt das Stück von der Frage, ob die Seele nach unten oder oben fährt. Am Samstag ist Premiere.

Von SZ-Mitarbeiterin Kerstin Krämer 

Dudweiler. Auf der Bühne steht das größte Requisit, das in 23 Jahren Amateurtheater das Dudweiler Statt-Theater je eingesetzt hat: ein besonders stattlicher Aufzug. Er spielt die Hauptrolle im neuen Stück „Hotel zu den zwei Welten“ von Eric-Emmanuel Schmitt, das am 7. Juli im Saal des DDC Dudweiler Premiere hat. Dieser Raum ist festes Probenlokal der Statt-Theatraliker und kann nun auch als Aufführungsort für ihr „Sommer-Himmels-Schauspiel in einem Aufzug“ genutzt werden.

Wo aber kriegt eine Theatertruppe einen solchen Aufzug her, der zudem von den Maßen her perfekt in eine Hotel-Lobby passt? „Wir haben im Internet geforscht“, erzählt Ensemblemitglied Robert Hartmann. „ThyssenKrupp hat uns eine Fehlbestellung angeboten, die wir dann zu sehr günstigen Konditionen gekauft haben.“ Damit nicht genug: Ein firmeneigener Techniker betreut die reibungslose Funktion des Aufzugs. Dass der Mann mit Nachnamen Engel heißt, ist eine Ironie des Schicksals.

Denn worum geht es in dem Stück? Eric Emmanuel Schmitt, der schon in „Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran“ und „Odette Toulemonde“ augenzwinkernd das Diesseits und Jenseits erkundet hat, nimmt den Zuschauer mit auf eine Koma-Station zwischen Leben und Tod. Das ist dem jungen Mann, der sich plötzlich in einem dubiosen Hotel wiederfindet, zunächst nicht klar. Er will wissen, wo er ist, und erhält nur ausweichende Antworten von den anderen „Gästen“: einer Putzfrau, einem wahrsagenden Magier und einem rechthaberischen Firmen-Präsidenten.

Letzterer pocht auf Klassenunterschiede und Privilegien, doch die gelten hier nicht: Das Sagen hat ein geheimnisvoller Dr. S., der Sprechstunden nur dann gewährt, wenn er will. Oder ist Dr. S. eine attraktive Frau? Auch das bleibt diffus. Entscheidend ist nur, dass selbst Dr. S. nicht darüber verfügen kann, ob der Aufzug nach unten oder oben fährt. Das klingt zwar dramatisch, kommt aber amüsant daher und vermittelt überraschend neue Erkenntnisse übers Leben und Überleben. Wohin geht die Seele, wenn der Körper nicht kann? Gibt es ein Leben vor dem Tod? Falls ja, wie gestaltet man es am besten? Oder ist „das ganze Menschsein nichts weiter als ein lächerliches Spiel“? So schwebt das Stück unter der Regie von Dieter Meier zwischen Traum und Realität, Komödie und Tragödie.

Die Premiere ist am Samstag, 7. Juli, weitere Aufführungen sind am 14. und 15. Juli. Beginn ist jeweils um 20 Uhr im Saal des DCC (über Feinkost Naccarato) in der Saarbrücker Straße 224. Karten sind bei der Buchhandlung am Markt, bei Papier Meiser sowie online unter www.proticket.de erhältlich.

Saarbrücker Zeitung
Wenn die Würfel endgültig fallen

 

Statt-Theater servierte im Saal des Carneval Clubs schwere Kost auf unterhaltsame Art.  Um Leben und Tod geht es im neuen Stück des Dudweiler Statt-Theaters. Bei der Premiere von „Hotel zu den zwei Welten“ gab es Ovationen des Publikums für die Leistung der Amateur-Schauspieler.

Von SZ-Mitarbeiterin Alexandra Raetzer

Dudweiler. Was erwartet uns nach dem Tod? Das Nichts? Oder vielleicht doch so etwas wie der Himmel, etwas, das uns die Angst vor dem Sterben nehmen könnte? Und warum denken wir über uns und unser Leben, unsere Träume und Sehnsüchte oft erst dann ernsthaft nach, wenn wir den Gedanken an unsere Endlichkeit durch eine schwere Krankheit nicht länger verdrängen können? Es sind existenzielle Fragen, über die die unfreiwilligen Gäste im „Hotel zu den zwei Welten“ fernab ihres körperlichen Daseins miteinander sprechen, während sie darauf warten, ob die Ärzte im Krankenhaus imstande sind, ihr Leben zu retten. Sind die Würfel gefallen, erscheint Doktor S., eine kühl wirkende Person mit besonders hübschen Beinen, und geleitet sie zum Aufzug, der die Toten nach oben fährt und die Überlebenden nach unten.

 

 

Es war keine leichte Kost, die das Dudweiler Statt-Theater seinem Publikum am Samstag bei der Premiere seines neuesten Stückes servierte. Und auch den Schauspielern verlangt Eric Emmanuel Schmitts „Hotel zu den zwei Welten“ sehr viel ab: Dialoge über Leben und Tod, ein gespenstisch-unwirkliches Szenario, dazwischen immer wieder Momente voller Komik und zu guter Letzt auch noch eine Liebesgeschichte mit mutmaßlichem Happy-End. Die ambitionierten Amateure des Statt-Theaters zeigten sich der Herausforderung gewachsen und bescherten ihrem Publikum im vollbesetzten Saal des Dudweiler Carneval Clubs einen ebenso unterhaltsamen wie nachdenklich stimmenden Theaterabend, der zurecht mit Ovationen endete.

 

Christian Marc Klein zeigte in der Rolle des bei einem Autounfall schwer verletzten Julian die innere Wandlung eines lebensüberdrüssigen verwöhnten jungen Mannes zu einem der Liebe und des Mitgefühls fähigen Menschen, Robert Hartmann strahlte als Magier eine solche Wärme und Herzlichkeit aus, dass es manchem die Tränen der Rührung in die Augen trieb, während Annalena Löw die Rolle der herzkranken und doch so lebenslustigen Laura mit bemerkenswerter Natürlichkeit erfüllte. Dass man auch ohne ein einziges Wort zu sprechen große Autorität ausstrahlen kann, bewies Petra Crauser-Sauer als Assistentin, Tanja Malcharek erwies sich als optimale Besetzung für Dr. S., einen scheinbaren Eisklotz, hinter dessen Fassade sich ein großes Herz verbirgt.

Besonders komische Momente verdankte das Publikum den mit herzerfrischender Naivität vorgebrachten Bonmots der Putzfrau Marie (Kathrin Köppen) – „Ich wäre gerne so doof, dass ich's gar nicht merke“ – und dem von seinen „Überzeugungen“, Geltungssucht und Geldgier bis zum Ende seiner Tage verblendeten Präsidenten. Statt-Theater-Urgestein Dieter Meier brillierte in der Rolle dieses Unsympathen, der selbst im Angesichts des Todes noch glaubt, als Mitglied des Lions-Clubs etwas Besseres zu sein. Ausgerechnet er darf mit dem Aufzug ins Leben zurückkehren, während die liebenswerte Putzfrau Marie nach oben fahren muss. „Mit dem Leben hat man Euch ein Geschenk gemacht“, gibt Dr. S. ihren Gästen im „Hotel zwischen den Welten“ mit auf den Weg. Der Tod sei „weder Strafe noch Belohnung“. Was danach kommt, wisse niemand. Gewiss sei: Niemand entgeht ihm.

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