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Saarbrücker Zeitung, 18.11.2005

Röcheln vor Freude

von SZ-Mitarbeiterin Kerstin Krämer

Loriots "Dramatische Werke" setzte das Dudweiler Statt-Theater zum Abschied von seiner traditionellen Bühne gewohnt gekonnt in Szene. Das Ensemble wechselt ins Scala.


Dudweiler. Dürfen Riesenschnauzer in die Oper? Ist es möglich, Kosakenzipfel zu halbieren? Sind ausländische Campingplätze weniger gepflegt als deutsche? Und wer vermündelt eigentlich die unsicheren Kleinsparer? Die Antworten, in der richtigen Reihenfolge: Nein, selbst wenn sie noch so süß sind - nein - alles eine Frage der Etikette - kein Mensch weiß es. "Ach was?" "Doch, doch!", so ist es. Genau analysiert hat diese existenziellen Probleme der Menschheit Loriot alias Vicco von Bülow, der anhand von Missgeschicken oder kleinen Schwächen die immanente Komik des Alltags zur entlarvenden Groteske verzerrt.

Steht alles geschrieben in seinen "Dramatischen Werken", kurzen Sketchen, die eben wegen ihrer knackigen Dauer angenehmer zu konsumieren sind als Bühnenwerke älteren Entstehungsdatums, weil sie, so die Erläuterung des Autors, dem biologischen Rhythmus von Menschen und weißen Mäusen perfekt angepasst sind. Wer kennt sie nicht, diese kleinen Dramen des Alltags, entweder in Cartoon-Form mit den liebenswerten Knollennasen-Männchen, die sich weigern, fremde Enten in ihrer Badewanne zu Wasser zu lassen. Oder aus der filmischen Realisierung mit dem Meister selbst und der unnachahmlichen Evelyn Hamann als Partnerin.

Diese Bilder also hat man im Kopf. Und dagegen auf der Bühne anzuspielen beweist Mut. Das Dudweiler Statt-Theater hat es gewagt - und gewonnen. Auch dass man den Inhalt meist schon auswendig kann, tut dem Amüsement keinen Abbruch, dann röchelt man halt aus Vorfreude. Und am Ende dieser rund dreistündigen letzten Produktion, mit der sich das Ensemble von seiner Spielstätte am Brennenden Berg verabschiedet (wir berichteten), ging ein asthmatisches Pfeifen durchs Publikum, das sich die Bronchien wund gelacht und das Make- up komplett dem Taschentuch anvertraut hatte. Rappelvoll war's am Freitag, als das mit teils glänzenden Leistungen aufwartende Ensemble sich in spießige Klamotten und Perücken warf, aber schnödem Kopieren abschwor. Und den Vorhang noch einmal aufgehen ließ: Für Herrn und Frau Hoppenstedt (Dieter Meier, Sonja Schuler) und das Ehepaar Pröhl, deren Campingfreundschaft am Zerteilen besagten Zipfelchens zerbricht. Für den Lottogewinner Erwin Lindemann (Robert Hartmann), für übergeschnappte Politessen (Rita Spies), für Klaviere aus Amerika bejubelnde Enkel (Silvana Berwanger, Rita Malcharek), für hopsende Bettenkäufer (Gerd Ahrends, Achim Schmidt), für Direktor Meltzer, der sich mit Sekretärin Renate an der Liebe im Büro versucht. Und für Vertreter Blühmel, der die Hausfrau zum geselligen Weinpröbchen nötigt, während Kollege Jürgens (Björn Hary) den Staubsauger anwirft - ein absoluter Höhepunkt, für den das Produkt einer renommierten Firma tatsächlich zum tadellos in zwei Richtungen funktionierenden Saugblaser Heinzelmann umgebaut wurde.

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